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Gute Architektur durch Wettbewerb
Baukultur Graubünden

Bündner Architektur ist weltbekannt. Zentral für diese Entwicklung waren unter anderem Architekturwettbewerbe. Der damalige Kantonsbaumeister Erich Bandi förderte diese bewusst, um auch jungen Architekturbüros eine Chance bei öffentlichen Ausschreibungen zu geben und zeitgemässe, ortsspezifische Lösungen zu erhalten. Ihm war es wichtig, dass die Gesellschaft über seine Architekturwettbewerbe einen baukulturellen Mehrwert erhielt. Zudem konnten so die damals noch jungen Architekten ihre Architekturbüros aufbauen. Die Errichtung der Kreisschule in Churwalden war für Peter Zumthor und die Gemeinde ein wichtiges Projekt. Dasselbe gilt für den Bau der Schulhäuser in Alvaschein und Tschlin für Bearth & Deplazes oder die heutige HTW Chur für Jüngling & Hagmann. Die heute jungen Bündner Architekten gewinnen derzeit öffentliche Architekturwettbewerbe ausserhalb des Kantons Graubünden.

Corinna Menn plant zusammen mit Sven Schönwetter seit 2010 eine Intensivstation für das Ostschweizer Kinderspital in St. Gallen und hat dieses Jahr zusammen mit Mark Ammann einen Wettbewerb für ein Geschäftshaus an der Unterstrasse in St. Gallen gewonnen. Angela Deuber hat diesen Sommer in der Gemeinde Thal ein Schulgebäude mit Kindergarten fertiggestellt. Im Kanton Graubünden kommen die jungen Architekten kaum zum Zug. Wird ihnen im Kanton St. Gallen mehr zugetraut? Die grosse aber wichtige Ausnahme ist das Schulhaus mit Kindergarten in Grono von Raphael Zuber. Dieser Bau schafft ein neues Ortszentrum und gibt dem Dorf eine zeitgemässe Identität. Zudem besitzt der Bau über seine städtebauliche Positionierung Bezüge zur Geschichte des Ortes und Referenzen zu architekturgeschichtlichen Bauwerken und Haltungen wie bei Andrea Palladio.

Eine ältere Generation wie der Bündner Andreas Liesch konnten nach dem 2. Weltkrieg rund 40 Schulhäuser errichten. Diese Zeiten sind vorbei. Die benötigten Schulen sind erstellt. Ein neues Feld sind Renovationen oder städtebauliche Fragestellungen, doch auch hierfür werden die Jungen nur selten eingeladen. Dabei wäre es gerade im Städtebau wichtig mit ortsspezifischen Lösungen zu arbeiten, die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Investoren gewonnenen aus Mitwirkungsverfahren einzubeziehen. Gerade junge Architekten können mit ihren innovativen Ansätzen einen aktiven Beitrag zur baulichen Weiterentwicklung des Kantons beitragen. In Chur West wäre deshalb beispielsweise ein offener Architektur- und Städtebauwettbewerb an dem auch junge Büros teilnehmen können extrem wichtig. Nicht nur der jungen Berufstätigen wegen. Wir sind es der spezifischen Bündner Landschaft und ihrem weltweit bekannten baukulturellen Erbe schuldig.

 

*Daniel A. Walser ist Dozent an der HTW Chur und Architekturkritiker.

Einmal pro Monat schreiben ausgewählte Autorinnen und Autoren über ein Beispiel
zeitgenössischer, aktueller Baukultur in Graubünden.

Infos unter www.suedostschweiz.ch/dossier

 

Erschienen in: Die Südostschweiz, Donnerstag, 8. August 2013, S.9.