Venedig das gebändigte Mekka der
Kunst
Eröffnung
der 51. Kunstbiennale in Venedig
Diesen
Samstag wurde in Venedig die 51. Kunstbiennale offiziell eröffnet.
Zum ersten Mal in der über 100-jährigen Geschichte der Kunstbiennale
wird diese von zwei Frauen geleitet, den beiden Spanierinnen Marìa
de Corral und Rosa Martìnez. In zwei konzentrierten Ausstellungen
zeigen sie neben den Länderpavillons zentrale Positionen aus dem
aktuellen künstlerischen Schaffen.
Der Deutsche Künstler Gregor Schneider suchte
die Bedeutung Venedigs in der Kunst in einer spektakulären Arbeit
auf den Punkt zu bringen. Er wollte auf der Piazza San Marco, dem
zentralen Platz der Stadt, eine Art Kaaba von Mekka errichten: Venedig
als ein Mekka der Kunst. Den Stadtbehörden war dieses politisch
nicht unproblematische Projekt aber viel zu heikel. Sie verweigerten
die zur Ausführung nötigen Bewilligungen. Geblieben sind im Katalog
schwarze Seiten und eine Vorstellung, was Venedig in der Kunst sein
könnte.
Nachdem vor zwei Jahren Francesco Bonami
anlässlich der 50 Biennale eine Riesenshow auf die Beine gestellt
hatte, welche die Besucher allein schon durch die Masse der gezeigten
Arbeiten zu überfordern drohte, zeigen die beiden Direktorinnen
Marìa de Corral und Rosa Martìnez eine schlanke und erfrischend
Ausstellung.
Erfrischend und jung
Die von Rosa Martìnez kuratierte Ausstellung «Sempre un po'
pi? lontano» zeigt im Arsenale Werke einer meist jüngeren
Generation. Die einzelnen Arbeiten kommen dieses Jahr durch die
Beschränkung auf 49 Künstler in den nicht leicht zu bespielenden
Räumen der ehemaligen Corderia gut zur Geltung.
Zu Beginn der Ausstellung wird der Besucher
von einem vermeintlichen Kronleuchter aus Tampons von Joana Vasconcelos
empfangen. Das feministische Statement wird durch die Guerrilla
Girls, welche gegen die von Männern dominierte Kunstwelt polemisieren,
weiter unterstützt. Doch werden in der Ausstellung weniger geschlechtsspezifische
Themen vorgestellt, als junge Positionen gezeigt. Leigh Bowery zeigt
schrille Kleider, Fotografien und Videos in der Nähe zur Travestie;
Blue Noses aus Russland stellen verschiedene kleine, verspielte
Videosequenzen aus; Mariko Mori lässt die Besucher mit ihrem Raumschiff
zu einer Reise in die inneren Welten aufbrechen und die Altmeisterin
Louise Bourgeois zeigt zwei zusammengeknäulte Spiralen aus Aluminium
und eine gesprochene Arbeit.
Diesem gegenüber zeigt Marìa de Corral
im Italienischen Pavillon mit der Ausstellung «L'esperienza
del arte» neuere Arbeiten von bereits arrivierten Künstlern.
Erwähnenswert sind hier «Mother» und «Father»
von Candice Breitz über eine gescheiterte Beziehung oder das
skandalträchtige Video «Caligula» von Francesco
Vezzoli.
Die Leichtigkeit des Seins
Die Länderpavillons in den Giardinis sind auch dieses Jahr eher
weniger interessant. Eine Ausnahme bildet der Deutsche Pavillon.
Dieser besticht durch eine Performance von Tino Sehgal. Das normalerweise
unsichtbare Aufsichtspersonal wird selber zu Akteuren und durchbricht
auf spielerische Weise die starren Muster des Museumsbetriebs.
Der vom Künstler Steffan Banz kuratierte
Schweizer Pavillon ist eher gut schweizerisch korrekt, als inspirierend.
Demgegenüber ist in der Kirche San Stae die auch von der Schweiz
vorgestellte Installation von Pipilotti Rist ein eigentlicher Höhepunkt
der Ausstellung. Die aus dem St. Galler Rheintal stammende Pipilotti
Rist projiziert in der Kirche ein poetisches Video an die Decke.
Das wunderbar sinnliche Deckenfresko zeigt eine zeitgenössische
Vorstellung einer mit sich selbst zufriedenen Eva, die leicht erotisierend
mit einer Partnerin das unabhängige Sein im Paradies zu geniessen
scheint. Das Publikum liegt derweil gebannt auf bereitgestellten
Matratzen und nimmt sich im sonst eher hektischen Ausstellungsbetrieb
ausgiebig Zeit für die Arbeit.
Der in Dänemark geborene Olafur Eliasson
zeigt auf der etwas abgelegenen Insel San Lazzaro die Arbeit «Your
Black Horizon». Nach einer kürzeren Bootsfahrt erreichen die Besucher
den Pavillon und sehen darin einen weiten Horizont. Das die Arbeit
etwas abgelegen vorgestellt wird, ist sowohl für die Besucher, wie
auch das Werk von Vorteil. Die Hektik des allgemeinen Ausstellungsbetriebs
wird durchbrochen und regt dazu an, selber zu neuen Inseln und Horizonten
aufzubrechen.
Daniel
Walser
Bis 6. November 2005
www.labiennale.org
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