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Öffentliches im privaten Raum
Öffentliches ausstellen von Kunst in Privaträumen und Performance

An der HTW Chur referieren diesen Freitagabend um 20.15 Uhr der Kurator Peter Stohler zusammen mit dem Architekten Daniel Walser zu einem neuartigen Phänomen in der Präsentation von Kunst: dem öffentlichen Ausstellen von Kunst in privaten Wohnräumen. Als Höhepunkt des Abends zeigt die Künstlerin Victorine Müller ihre Performance «Gate C».

 

Derzeit entstehen überall unabhängige Kunst- und Projekträume, die ausserhalb der gewohnten Ausstellungsorte operieren. Kuratoren oder Galeristen präsentieren in ihren privaten Wohnräumen oder in den von ihnen bewohnten Häusern Arbeiten von zeitgenössischen Künstlern. Hierbei sind zwei verschiedene Ausstellungstypen zu unterscheiden: Gewöhnliche, bewohnte Wohnungen werden temporär als Ausstellungs- oder Projektraum benutzt und eigens dafür errichteten Wohnbauten. Ein sehr frühes Beispiel einer Umnutzung ist die Wohnung des heute renommierten Galeristen Bob van Orsouw. Mit den Ausstellungen, welche er von 1988 bis 1990 in Zürich durchführte, legte er den Grundstein für seine Galerie. Während den Ausstellungen bewohnte er noch ein Zimmer der Wohnung, welches ihm auch als Bilderlager diente.

Sehr erfolgreich war von 1998 bis 2001 der «Kunstsalon Celeste & Eliot» des Künstlerpaars Françoise Bassand und Martin Furler. Ihre Vernissagen waren mit den übrigen Zürcher Galerien koordiniert und wurden zunehmend zu regelrechten Events. Durch ihre Andersartigkeit innerhalb des Kulturbetriebs erreichten sie eine starke Aufmerksamkeit in den Medien, was im Laufe der Zeit zu einem regelrechten Ansturm von Besuchern führte.

Ein Wechselspiel zwischen Öffentlich und Privat
Wie der Zusatz «Kunstsalon» bei «Celeste & Eliot» zeigt, beziehen sich diese Veranstalter auf den bürgerlichen Salonbetrieb. Der grosse Unterschied liegt im Grad der Öffentlichkeit dieser neueren Form. Im Gegensatz zum Salon besitzt der Gastgeber im «Un-Privaten» keine Kontrolle, welche Personen eingeladen und kommen werden.

Derartige Wohnungen changieren je nach Zeitfenster zwischen öffentlichem Projekt- und Ausstellungsraum mit all seinen Erwartungen und dem privaten Leben in einer normalen Wohnung. Dieses chamäleonartige Wechselspiel von öffentlichen und privat bezeichnen die beiden Redner Peter Stohler und Daniel Walser mit dem Begriff «un-private».

Das «un-pivate» Museum
In Graubünden existiert mit der Galerie Tschudi ein gutes Beispiel eines «un-privaten» Ausstellungsortes. Der St. Moritzer Architekt Hans-Jörg Ruch baute in Zuoz 2002 für den Galeristen Ruedi Tschudi ein altes Engadiner Haus um. Dem Besucher ist die Galerie bis zum Dachgeschoss zugänglich, zu kaum einem Raum wird ihm der Zugang verwehrt. Öffentlich und Privat sind nicht streng voneinander getrennt. Die Galerie Tschudi befindet sich am anderen Ende des Spektrums von «un-privaten» Ausstellungsräumen, da sie eigens zu diesem Zweck umgebaut wurde.

Als Höhepunkt der Veranstaltung an der HTW Chur zeigt die Schweizer Künstlerin Victorine Müller ihre Performance «Gate C». Victorine Müller experimentiert in ihren Performances mit den Grenzen zwischen öffentlichem Raum und privater Sphäre. Ihre atmosphärischen Arbeiten schaffen poetische Bilder, die den Betrachter berühren und über einen Prozess die Zeit sichtbar machen. Sie erschafft starke, poetische Bilder, die auf verschiedenen Ebenen Assoziationen ermöglichen. Im Gegensatz zum Vortrag, wo der öffentliche Raum in private Orte eingreift, besetzt Victorine Müller mit Ihrer Performance «Gate C» einem öffentlichen Ort mit privaten Themen.

Daniel Walser

 

Literatur: Peter Stohler, Carole Klopfenstein, Daniel Walser, Kunst im Un-Privaten / Roentgenraum, Edition Fink, Zürich 2004.